In einem Punkt ähnelt die Smartphone-App RegenVorschau meinen Zehenschuhen von Vibram: Ziemlich hässlich – aber allen anderen viel zu überlegen, um sie nicht trotzdem zu nutzen.
RegenVorschau informiert über den zu erwartenden Niederschlag der nächsten Stunden. Das Besondere: Die Kartenansicht für den Regenradar ist nicht animiert, sondern statisch. Und ja, das ist irgendwie 90er und erweckt direkt das mulmige Gefühl: Wenn sich da nichts von sich aus bewegt, dann muss ich das hinterher wahrscheinlich noch selbst in meinem Kopf erledigen!
Und voila: So ist es auch. Denn RegenVorschau ist powered by NI (Natural Intelligence). NI, das ist jetzt der neueste, heiße Trend nach KI. (Hab' ich 🔮*irgendwo*🔮 gelesen... Ich schwör'! 🤞)
Anstrengeeeend!!! Anstrengend!? Tatsächlich ist RegenVorschau genau das nicht. Nur ganz kurz zu Beginn ist der Traubenzucker-Verbrauch im Gehirn leicht erhöht. Hat man die Darstellung einmal verstanden, kann man dafür sein restliches Leben sehr viel schneller, einfacher und genauer abschätzen, wann es innerhalb der nächsten Stunden wie stark regnen wird. Und wieder einen Drachen bezwungen, wieder ein Stück Land gewonnen, wieder das Leben ein Stückchen lebenswerter gemacht. Nicht zuletzt: Das Fahrradleben. Denn dafür ist das natürlich pures Gold.
Um eine Voraussage für die nähere Zukunft zu treffen, muss bei animierten Darstellungen zunächst zum jetzigen Zeitpunkt gespult werden. Also die Animation mit dem Schieberegler stoppen und zum jetzigen Zeitpunkt bringen, Sie kennen das.
Wenn wir jetzt schauen möchten, ob das mit der animierten oder der statischen Darstellung schneller geht, erleben wir ein klassisches Wettrennen Hase gegen Igel: Während der Hase sich am Start mit aller Kraft von einem Grasbüschel abstößt und losschießt, sitzt der pfiffige Igel schon am Ziel, kaut gelangweilt auf einem Grashalm – und wartet. Denn der Jetzt-Zustand – also das neueste, verfügbare Radarbild von vor maximal 9:59 Minuten – wird Ihnen von RegenVorschau im gleichen Moment gezeigt, in dem Sie die App öffnen*. Statisch. Ohne Anhalten, Schieben, Fummeln.
*Was zuvor allerdings einmal in den Einstellungen geändert werden muss, da dort der deutlich weniger informative Tab 'Vorhersage' voreingestellt ist.
Fast schon unfair dem Hasen gegenüber wird es aber dadurch, dass RegenVorschau auch noch innerhalb kürzester Zeit startet. Auch ohne Grasbüschel. Schließt man sie, schmeißt sie sich zudem direktemang selbst aus dem Arbeitsspeicher. Aus der Übersicht der laufenden Apps ist sie dann also verschwunden, was aufgrund der kurzen Startzeit den Komfort jedoch nicht mindert.
Hier zeigt sich: RegenVorschau wurde vom Entwickler gnadenlos auf den minimalst möglichen Ressourcenverbrauch hin optimiert. Das passt zu einer statischen Darstellung wie die Faust aufs Auge, denn was dabei herausgekommen ist, dürfte wohl die ressourcenschonendste Regenvorschau-App überhaupt sein.
Wie kommt der denn auf sowas?
Während man auf einen Bildschirm guckt, bleibt das bildliche Vorstellungsvermögen weitgehend ungenutzt. Und wer rastet: Rostet.
Bei Menschen, die ihre Freizeit vorzugsweise im dreidimensionalen Raum verbringen, werden es dagegen eher die Smartphones sein, die zur Klasse „leistungsschwach“ zählen. Und hier wird die Sache rund: Die in der statischen Darstellung von RegenVorschau liegende Chance, solche Nutzer (im Gegensatz zu vielen anderen Entwicklern) mit auf den Zettel zu nehmen und ihrer technischen Ausstattung entsprechend mitzuversorgen, hat der Entwickler augenscheinlich eiskalt erkannt und umgesetzt. Das ist gegen den Strich gedacht und gegen den Strich gedacht finden wir gut.
Als jemand, der sich nur unter Gewaltanwendung tatsächlicher Zwangslagen in ein Auto zerren lässt, nutze ich RegenVorschau ziemlich oft, wofür pro Monat ~ 10 MB Daten angefordert werden. Zumal ein Teil davon daheim stattfindet, sollte sich hiervon selbst der kleinste Datentarif nicht überfordert sehen.
Doch. Also sehr wahrscheinlich doch. Der Speicherplatzverbrauch von RegenVorschau liegt bei brutto 13 MB. *hüstel
Dass die Darstellung kein ästhetisches Freudenfeuer darstellt, hatten wir schon dargestellt. Wir vermuten technische Gründe, vermutlich besteht der graue Hintergrund aus Zement, damit sich hier auch WIRKLICH nichts bewegt.
Neongrün bedeutet: Könnte tröpfeln, aber irrelevant. Dann Blau-Violett in zwei Stufen: Je dunkler, desto doller. Ist Brombeer-Pink im Anmarsch, können Sie ggf. schon mal den Entwässerungsgraben ums Zelt ausheben und Schwimmwesten bereit legen.
Herr Hase (die animierte Darstellung): Unten mit dem Finger die Zeitleiste verschieben – aber gaaaaaaanz langsam! – während der Blick zwischen Animation und zugehöriger Uhrzeit flackert. Ach, und wie spät es eigentlich jetzt und wann…. MOAH!!!!
Herr Igel (RegenVorschau) wartet immer noch am Ziel. Der spult nicht nur einfach gar nicht – der lässt sich nicht mal spulen. (Der Zement!)
Und jetzt kommt endlich der neue Trend ins Spiel: Die NI und ihr bildliches Vorstellungsvermögen. Je nachdem, wie oft oder selten man diese Fähigkeit ansonsten alltags noch bemüht, muss das ggf. neu entdeckt werden. Aber dann… aber DANN: Dann KANN man damit weiterspulen: Wie ein junger Gott. Mit einer Genauigkeit, Geschwindigkeit und Kontrolle, von der eine animierte Darstellung noch nicht einmal zu träumen wagt. Natur schlägt Technik. Und dann auch noch die eigene. Beeindruckend!
Sichtbar ist ein Pfeil, der aus Wind- und somit Regenrichtung kommt und mit der Spitze auf den eigenen Standort zeigt. 👈 Auf seiner Linie befinden sich Querlinien, die je nach Einstellung entweder Uhrzeiten oder die Stunden ab jetzt (h = hour = englisch: Stunde) markieren. Auf dem Beispielbild ist zu erkennen, dass es – lässt man hellgrün = könnte tröpfeln mal außer Acht – in 20 Minuten regnen und in 50 wieder aufhören wird. Nicht auf die Minute, aber recht nah dran.
Die nach hinten hin länger werdenden Zeitmarkierungen auf dem Pfeil deuten die mögliche Ungenauigkeit seiner Ausrichtung, sollte der Wind seine Richtung ändern. Das wird sich lokal unterscheiden, hier in Osnabrück scheint mir dieser Spielraum recht großzügig gewählt.
Das war's. Mehr Traubenzucker ist nicht nötig. Wenn Sie es bis hierher geschafft haben, haben Sie soeben die Manövrierfähigkeit des ersten motorisieren Flugapparates der Gebrüder Wright gegen die eines UFOs getauscht.
Man könnte sagen: Dadurch, dass es nicht von selbst geht, geht es wie von selbst.
Hier in Osnabrück sind Patzer eine absolute Ausnahme, aber auch das wird sich lokal unterschiedlich verhalten. So fallen die Urteile zur Zuverlässigkeit im Playstore auch recht gemischt aus. Von manchem wird der Entwickler gar persönlich verantwortlich gemacht, weil man gestern während seiner Radtour ja unversehens doch klitschnass geworden sei. Dabei hängt die Zuverlässigkeit nicht an der App, sondern an den Primärdaten, die diese verarbeitet. Und solange App-Entwickler ihren Sommerurlaub noch nicht im Orbit verbringen, um bei der Gelegenheit auch gleich endlich den langersehnten eigenen Radar-Satelliten aus dem Weltraumhotel-Fenster zu schubsen, wird das wohl auch so bleiben.
Bis dato jedoch sind die Daten bodengestützter Radarstationen deutlich präziser und der Deutsche Wetterdienst (DWD) betreibt mit aktuell 17 Standorten das einzige derartige flächendeckende Radarnetz in Deutschland. Zudem sind die Daten des DWD auch für die kommerzielle Nutzung kostenfrei. Somit gebührt dem DWD das uneingeschränkte Primat der Primärdaten, ergo arbeitet auch RegenVorschau arbeitet damit.
Bei Wettervorhersagen, die über ein paar Stunden hinaus gehen, ist die Sachlage deutlich komplexer. Die Genauigkeit der Vorhersage des Niederschlags für die nächsten Stunden jedoch – und um ausschließlich diese geht es bei RegenVorschau – hängt quasi ausschließlich an der Qualität dieser Rohdaten. Sind Sie nun trotz Nutzung der App nass geworden, hilft Ihnen eine wütende Rezension im Playstore nicht weiter. Aber es gibt einen Weg: Gründen Sie einen lokalen Verein der wütenden Nassgewordenen zum Sammeln von Spenden für die Errichtung einer bodengestützten Regenradarstation in Ihrem Vorgarten und stellen die Daten dem DWD zur Verfügung.
Begonien?!? 🤔🤔🤔 Ja ok, das können wir verstehen! Hier Ihr Alternativ-Plan: Kaufen Sie sich ein einziges Mal in Ihrem Leben Regenbekleidung, die so verflixt teuer ist, dass es Ihnen die Schuhe auszieht¹.
Und dann: Genießen Sie: Ein Packmaß, das es Ihnen selbst ohne MaiPorter gleichgültig macht, ob sich die Garnitur nun mit in Rucksack oder Radtasche befindet oder nicht. Einen klimatischen Komfort, der bei jeder Temperatur, bei der Nässe auch auf Kurzstrecken tatsächlich unangenehm werden kann, so gut funktioniert, dass Sie eine Einschränkung nicht einmal bemerken.
Genießen Sie Ihre Unangreifbarkeit bei Regen und die mitleidigen Blicke der Autofahrer, nicht ahnend, wie gut es Ihnen geht und bis ins hohe Alter gehen wird, weil Sie sich eben nicht in vorauseilendem Gehorsam vor den Elementen wegducken. Wer zuletzt lacht.
"Ja ok, ist ja quasi bekannt. Aber warum nur ein einziges Mal? Hält xtra teure Regenkleidung ewig?"
Nein, bei normaler Nutzung 'nur' 10 + X Jahre der landläufigen Erfahrung nach. Aber ab dem zweiten Mal bezahlen Sie den Preis selig lächelnd → Die Schuhe bleiben an den Füßen.
¹Hier ist kein Platz für Experimente: Die Platzhirsch-Membrane in der Leichtversion. Alternativ statt Regen- eine Softshelljacke (derselbe Hirsch oder zumindest auch mit einer gewissen Wassersäule) → zwar nur wind- und nicht dauerhaft regendicht, dafür aber maximal atmungsaktiv und somit maximal vielseitig bei fast jedem Wetter einsetzbar. Mit einer Softshelljacke benötigen Sie auf Kurzstrecken zu 99% keine Regenjacke mehr. (Mit Membrane! Geht die Winddichtigkeit vom Außenmaterial aus, kommt deutlich schneller Regen durch.)
Und solange Sie nicht auf Bergtour wollen, vergessen Sie das Thema 'nachimprägnieren': Umständlich, teuer und maximal umweltgefährdend, dabei für die Atmungsaktivität im kurzzeitigen Alltagseinsatz irrelevant. Falls bei der Softshelljacke deswegen dann mal etwas eher an ein oder zwei Stellen ein paar Tropfen durchkommen: Sobald Sie täglich Ihren Kreislauf auf Touren bringen, juckt Sie sowas nicht mehr. Ihr Immunsystem gewinnt erheblich.
Und statt wasserdichter Schuhe reicht meist ein paar Ersatzstrümpfe für den Notfall im Rucksack, und man kann auch ein Paar Notfallschuhe auf der Arbeit deponieren und... Ach, zum Thema Bekleidung (aber in pragmatisch) muss hier einfach noch ein eigener Artikel kommen...
Die Werbung ist unaufdringlich, mit dem preislich überschaubaren Premium-Status erhält man neben Werbefreiheit auch Zugriff auf Widgets, die einen sorgfältig durchdachten, konfigurierbaren Regen-Alarm mitbringen.
Neben den schlechten eignet sich RegenVorschau auch für besonders gute Tage, an denen man den Regen nicht meiden, sondern suchen möchte, um ihm entgegenzuschleudern, dass er doch gerne versuchen möge, einen zu holen, wenn er sich denn traut.
Für Androiden gibt es RegenVorschau hier.
Und für Äpfel geht es hier entlang.
Affiliate-Hinweis: Wir verkaufen ausschließlich Fahrradanhänger.
–
Nachtrag: Regnende Regenwolken regnen nicht schon immer, sie fangen irgendwann mal an damit. Und besonders Gewitterwolken oder ausgedehnte Regenwolken können direkt mit voller Wucht loslegen. Besonders im Sommer bei Hitze reicht manchmal schon ein Temperaturknick, und zack: Guss wie aus Eimern, Blitzstart Deluxe.
Falls Sie mal richtig Pech haben und das zufällig über Ihrem Kopf passiert: Kann Sie auch das beste Radar nicht bewahren.
Zugegeben: Wir hätten das sagen sollen, BEVOR Sie die Begonien geopfert haben.✌️
Ausnahmeerscheinung